Der Begriff "Händigkeit" verkürzt einen viel komplexeren Sachverhalt. Bei Rechtshändern ist die linke Gehirnhälfte für die gesamte motorische Steuerung führend, bei Linkshändern die rechte Gehirnhälfte. Es geht also nicht nur um die Hände. Obwohl beide Gehirnhälften motorische Aufgaben übernehmen, ist es die führende Hemisphäre, die zuerst reagiert und die Koordination steuert.
Die Händigkeit eines Menschen ist genetisch bestimmt, d.h. es ist schon im Mutterleib festgelegt, ob das Kind Rechts- oder Linkshänder wird.
Viele Kinder probieren im vorschulischen Alter aus, abwechselnd beide Hände für verschiedene Tätigkeiten zu nutzen. Spätestens im letzten Jahr vor der Einschulung sollte die Händigkeit jedoch eindeutig feststehen.
Für die meisten Arbeiten ist es nicht weiter wichtig, dass das Kind die "richtige" Hand (welche das im Einzelfall auch ist) benutzt. Beim Schreiben sieht das anders aus. Für keine andere Kulturtechnik benötigen wir so viele verschiedene Hirnareale, die miteinander koordiniert werden müssen. Schreibt ein Mensch mit der "falschen" Hand, muss das Gehirn enorm viel Energie in die nun nötigen Umwege stecken. Der motorische Impuls zum Schreiben geht beim Linkshänder von der rechten Hemisphäre aus, muss aber - falls der Mensch mit rechts schreiben soll - nach links umgeleitet werden. Jede weitere Information (Aussehen der Buchstaben, Abfolge der Laute innerhalb eines Wortes, Rechtschreibregeln) muss immer wieder diesen Umweg gehen.
So wundert es einen dann auch nicht mehr, dass viele linkshändige Kinder, die mit rechts schreiben, unter enormen Konzentrationsproblemen leiden. Sie ermüden oft sehr schnell und sind nach einem Schultag völlig erledigt. Die Belastung führt in Einzelfällen zu weiteren Verhaltensproblemen.
Obwohl heute nur noch ganz selten aktiv umerzogen wird, schreiben viele linkshändige Kinder mit rechts. Sie passen sich einer rechtshändigen Umwelt an. Doch leider sind auch immer wieder alte Vorurteile gegen Linkshändigkeit zu beobachten. Kinder reagieren sehr sensibel auf solche Schwingungen, die ihnen sagen, dass sie eigentlich mit der rechten Hand schreiben sollten. Hier ist sehr viel Offenheit und Behutsamkeit seitens der Eltern und auch der ErzieherInnen erforderlich, damit jedes Kind die Händigkeit leben kann, die ihm genetisch gegeben ist.
In der sozialpädagogischen Praxis können Sie Ihr Vorschulkind auf seine Händigkeit testen lassen. Wir bieten darüber hinaus Beratung in Sachen Schreibhaltung und Unterweisung im Häkeln und Stricken an. Kinder, die aufgrund einer verdeckten Linkshändigkeit Schulprobleme entwickelt haben, finden bei uns Hilfestellung.